Zeitgeschehen

Montag, 28. Januar 2008

Neoliberale Propaganda

Ein wunderbares Beispiel für durchschaubare neoliberale Propaganda steht heute auf Spiegel Online.
Merken kann man es schon im zweiten Satz: "...hatte (Deutschland" jahrelang der Versuchung deftiger Lohnerhöhungen widerstanden, ...". Ein Euphemismus, mindestens durch das "deftig", haben doch die Reallöhne größtenteils stagniert.
Fröhlich weiter geht es im Reigen der Halbwahrheiten: "Nur wenn sich das Land an die Gesetze der neuen, der globalen Wirtschaftswelt anpasst, hat es eine Chance, im weltweiten Wettlauf zu den Gewinnern zu gehören." Gut, keine direkte Unwahrheit, tatsächlich ging dieser Gedanke durch die Köpfe der Menschen. Jedoch ist es höhnisch, mit solchen Worten gegen die Erkenntnis zu sprechen, dass die Menschen in Deutschland eben nicht zu den Gewinnern gehören, wenn man sich den angeblichen Marktnotwendigkeiten beugt.
Verächtlich klingen auch die weiteren Worte: "Es darf eben nicht sein, dass auch auf ältere Arbeitslose Druck ausgeübt wird, sich einen neuen Job zu suchen.", diese Einstellung wird unterstellt. Ein geschickter Argumentationsweg, und doch offenkundig falsch: Arbeitslosen Druck zu machen, dagegen argumentieren sehr wenige. Also richtet sich dieser Vorwurf an diejenigen, die gegen die Hartz4-Verarmung reden, gegen das Elend der Betroffenen (und ihrer Kinder!). Dies ist fast schon bösartig.
Eine echte Halbwahrheit folgt: "Die (kurze Bezugszeiten des Arbeitslosengeld für Ältere) immerhin haben dazu beigetragen, dass die Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen von 41 auf 50 Prozent stieg." Früher sah das noch anders aus. Immer wieder las man den Appell, dass Arbeitgeber ältere Arbeitslose einstellen sollen. Das Fazit vieler Arbeitssuchenden: "Über 50 findet man keinen Job".
Die genannte Statistik ist trotzdem nicht anzuzweifeln, aber der Kausalzusammenhang. Nicht der Druck durch der Wegfall sozialer Sicherungssysteme, sondern Fachkräftemangel und die Erkenntnis, dass der Verzicht auf ältere Arbeitskräfte die Qualität und damit den Gewinn senkt, haben hier zu einem Umdenken auf Arbeitgeberseite geführt.
Auch der Tarifabschluss der Lokführer kann nicht ernsthaft so negativ bewertet werden, berechnet man die Tarifabschlüsse der Vorjahre ein (und betrachtet man den Gewinn der Bahn (AG))
Lustig wird es beim Mindestlohn. Natürlich wird keine Quelle für die Behauptung genannt, er würde Jobs vernichten. Ich kenne nur Studien, die zumindestens diese Behauptung widerlegen (sogar in der Zeit liest man entsprechendes).

Fazit: Lang nicht mehr so einen Schund gelesen.

Sonntag, 27. Januar 2008

Wahltag

Kommt es mir nur so vor oder wird eine Wahl wirklich spannender, wenn der Wahlausgang mindestens über mehrere tausend Euro, wenn nicht sogar über die zukünftige Existenz, entscheidet?

Mittwoch, 23. Januar 2008

Vorratdatenspeicherung

Über die Vorratsdatenspeicherung gibt es eine nette Informationsübersicht bei der Humanistischen Union.

Donnerstag, 17. Januar 2008

Die Abhörrechte des BKA

Das BKA soll jetzt auch Abgeordnete, Geistliche und Anwälte präventiv abhören dürfen, berichtete die taz.
Eigentlich noch interessanter ist folgender Absatz: "Das BKA darf demnach weiter präventive Terror-Ermittlungen einfach an sich ziehen...ein Vetorecht bekämen sie (Anm: Die Länder) nicht...".
Es gibt in der deutschen Geschichte ganz starke Gründe, die gegen eine solche zentrale Polizeigewalt sprechen. Dafür braucht man nichtmal die Gestapo anzuführen, denn die Stasi eignet sich noch besser zum Vergleich. So betrachte man den Auftrag;
Heute nutzt Schäuble das BKA zur "Bekämpfung des internationalen Terrorismus im Inland", damals war das Ziel die "Aufdeckung und Beseitigung feindlicher Zersetzungstätigkeiten".
Sieht jemand den Unterschied?
Im Zuge der Rasterfahndung wurde noch über die nötigen Machtgrenzen diskutiert. Herold wurde zum Feindbild, obwohl er sich angeblich Gedanken zum Datenschutz machte, obwohl seine geäußerten Motive nicht einen Überwachungsstaat, sondern eine gerechte Justiz im Sinn hatten (der Artikel in der Zeit ist lesenswert, ebenso wie das zugehörige Buch).Und dabei hatte das BKA damals nur einen Bruchteil der Rechte, verbunden mit einer Gesetzgebung, die (vielleicht bis auf das Notstandsgesetz und den Extremistenerlass, weiteres wäre zumindestens mir jedoch unbekannt) doch das Grundgesetz nicht unbeachtet ließ.
Heute denkt die Kanzlerin über den Einsatz der Armee im Inland nach (man denke an den Ebert-Groener-Pakt), Kriegsflugzeuge fliegen über Demonstranten hinweg, und das BKA bekommt tendenziell immer umfangreichere Befugnisse. Quo vadis, Michel?

Mittwoch, 16. Januar 2008

Rezession

Die Rezession ist fast da, sagt der Spiegel.
Manche ahnten es schon länger.

Sonntag, 13. Januar 2008

Hessenwahl

Gar nicht so einfach, zu entscheiden, wen man wählen soll. CDU und FDP scheiden aus: Beide unterstützen die Studiengebühren, hinzu kommt bei der CDU Kochs unsägliche Wahlkampfkampagne.

Aber genug dazu. Ich denke, es ist klar geworden, warum aus meiner Sicht die CDU doppelt nicht gewählt werden darf.

Es bleiben SPD, Grüne und Linke. Allesamt gegen Studiengebühren - sehr positiv.
Ypsilanti hat sich gegen Hart 4 positioniert, ein Punkt für sie und damit für die SPD. Die Grünen sind in meinen Augen konturlos - wobei die Datenschutzpolitik für sie (und nochmal gegen die pseudo-freiheitliche FDP spricht).
Gegen die Linken spricht eigentlich nichts, außer den Zweifeln, ob sie ihr wirklich gut klingendes Programm (Kurzform ) auch sinnvoll umsetzen können. Es wird eine schwere Entscheidung.

Freitag, 11. Januar 2008

Koch bei "Hart aber Fair"

Am Mittwoch waren in "Hart aber Fair" Koch, Zypries, ein Pädagoge, ein Polizist und der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Özcan Mutlu, zu Gast (schade, dass Andrea Ypsilanti gefehlt hat). Eine eigentlich brisante Mischung, die leider etwas enttäuschte, weil nur Herr Mutlu im Rededuell Koch Paroli gebieten wollte, aber immerhin: Im Laufe der Diskussion hat meinem Empfinden nach Koch trotzdem immer mehr verloren.

Konnte er am Anfang noch mit den wenigen vorhandenen Statistiken punkten, die wohl belegen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders häufig Gewaltstraftaten begingen, bekam er gegen Ende deutlich weniger Applaus. Wie sollte er auch irgendwie Boden gutmachen, wenn von allen Seiten (auch von Koch!) die sofortige Ahndung als sehr wichtig erachtet wird, danach aber eine Statistik vorgelegt wird, nach der Hessen darin deutschlandweit Schlußlicht sei? Außerdem zitierte Zypries eine Statistik, nach der die Strafverschärfung der Körperverletzung überhaupt keine positive Wirkung erzielte, womit Kochs Maßnahmen ziemlich schnell als Irrweg entlarvt wurden (man schaue auch hier ganz unten. In dem Artikel selbst wird Kochs Auftritt allerdings wesentlich erfolgreicher bewertet als ich es hier einschätze).
Als dann noch ein geläuterter Straftäter erklärte, dass ihm statt Knast vielmehr eine Geldstrafe bzw der Entzug des Führerscheins beeindruckt habe und er nicht nur diese Strafen, sondern mehr noch ein Vorbild benötigt hätte, hatte Koch endgültig keine Argumentationsgrundlage mehr. Denn genau diese Punkte hat er vernachlässigt: Polizisten entlassen und die Mittel für Präventionsprojekte gekürzt, außerdem verkleinern höhere Strafen die Anwendbarkeit für individuell schmerzendere "niedrige" Strafen.
Dazu kam dann noch die Rolle der Bildung: es wurden Daten vorgelegt, wonach nicht der Faktor "Migrant", sondern der Faktor "sozialer Status" bzw "Gewalt in der Familie" entscheidend ist.
Hier muss Hessen sehr schlecht dastehen.
Das ist zumindestens meine Erfahrung: In "meinem" Gymnasium gab es einfach keine Ausländer, keine Migranten. Es gab wenige "Türken", Deutsche mit Eltern, die einen Migrationshintergrund hatten, oder die in der Kindheit hierher zogen. Jeder von ihnen sprach perfekt deutsch, natürlich, konnten das schon bevor das Gymnasium besucht wurde.
Migranten gingen gemeinsam mit einigen wenigen (zumeist sozial schwächeren Familien entstammenden) Deutschen auf die Haupt- oder Realschule. Ein Gewaltherd, dem sich die Schulleitung des Gymnasiums bis heute durch Abschottung ("Stacheldrahtzäune") zu entziehen sucht.

Es ist also nicht ganz so, und das zeigen wohl auch die Statistiken, dass Koch einfach Unsinn erzählt. Das war im Voraus beunruhigend, dass dieses als populistisch empfundenes Geschwätz doch im Kopf den Gedanken herausforderte "Warte mal, so ganz unrecht hat er ja nicht" - die aggressiven Horden jugendlicher Migranten sind nun mal nicht zu leugnen, erst recht nicht, wenn man schon von diesen körperlich angegriffen wurde.
Es scheint vielmehr so, als würde er ein leider vorhandenes Problem für den Wahlkampf ausschlachten. Noch dazu ein Problem, das er durch verfehlte Bildungspolitik und Ignoranz zumindestens in Teilen mitverursacht hat. Mindestens aber hat er es in seiner bisherigen Amtszeit nicht angegangen. Und noch dazu schlägt er nun Mittel vor, die von Experten, Migranten und auch vom eigenen Verstand als untauglich entlarvt werden.

Es ist (für meine linke Seele?) durchaus beruhigend, dass das Fazit lauten muss: Koch darf nicht gewählt werden.

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